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Freiwilligenarbeit: "Ich mache es für..."

 Die Erfahrung eines  Freiwilligen des Vereins für Sachwalterschaft, Alberta

 

Erzähl mir von dir 
Ich bin verheiratet, habe zwei Kinder und drei Enkel, wobei ein viertes Enkelkind im Mai erwartet wird. 
Ich habe eine Ausbildung im Bereich der Altenpflege aboslviert, und arbeitete bis zu meiner Pensionierung im Jahr 2021 in einem Pflegeheim und beim Hauspflegedienst, sowohl als Pflegekraft als auch anschließend als Verantwortliche.


Was ist für dich ehrenamtliche Arbeit und was motiviert dich dazu?
Für mich war ehrenamtliche Arbeit immer ein Gedanke, den ich gepflegt habe, bis ich in den Ruhestand gegangen bin. 
Während meiner Arbeitsjahre hatte ich die Gelegenheit mit verschiedenen Berufsgruppen zu arbeiten. Dabei habe ich die Herausforderungen gesehen, die eine angemessene Unterstützung für verwundbare Menschen mitsichbringt. 
Ich hatte den Wunsch mich einzubringen. Da ich immer mit hilfsbedürftigen, älteren Menschen gearbeitet habe, habe ich mich entschlossen, in diesem Bereich weiterzuarbeiten und einen Teil meiner Zeit ihrem Wohlbefinden zu widmen. Ich wollte meine Präsenz im sozialen Bereich aufrechterhalten, da die Arbeit in diesem Sektor für mich eine Quelle von Freude und Zufriedenheit ist.


Was war deine Hauptmotivation für Deine Entscheidung ehrenamtlich im Bereich der Sachwalterschaft tätig zu werden? 
Meine Hauptmotivation ehrenamtlich im Bereich  Sachwalterschaft tätig zu werden, war mein Wunsch diesen Personen Unterstützung durch Organisation, Koordinierung und  Planung zu geben. Der Bereich der Sachwalterschaft hat mich angezogen, da ich die Gelegenheit hatte, in einem Netzwerk zu arbeiten, das ich bereits kannte, was meinen Einstieg erleichterte. 
Meine Erfahrung mit Sachwaltern zeigte, dass einige von ihnen hervorragende Arbeit leisten und besonders kompetent sind, während andere noch Verbesserungspotenzial haben könnten. Diese Beobachtung war entscheidend für meine Entscheidung, da ich glaubte, einen positiven Beitrag in diesem Bereich leisten zu können.


Welche Hauptaufgaben und Verantwortung übernimmst du als Freiwillige im Bereich der Sachwalterschaft?
Es ist entscheidend, eine umfassende Ausbildung zu haben und die notwendigen Aufgaben gründlich zu kennen. 
Ich habe den Bereich beim Verein gewählt, zu dem ich mich fähig fühle, und zwar besonders beim Thema Pflege Zuhause. 
Für die bürokratische Abwicklung mit dem Gericht ist es hingegen notwendig  angemessene Fähigkeiten zu besitzen, z.B. Anträge zu verfassen und vieles mehr. Die Arbeit eines Sachwalters ist charakterisiert durch die Fähigkeit   Empathie zu haben, in der Lage zu sein die Bedürfnisse und Wünsche zu hören, ein “gesundes” Umfeld zu schaffen, angemessene Antworten zu geben, Informationen bei den richtigen Stellen zu suchen und Hilfe dort anzubieten, wo es notwendig ist, einschließlich der bürokratischen Tätigkeiten, wie das Ausfüllen von Ansuchen für die Personen . Im Verein ist es wichtig, das Team zu unterstützen, und Informationen auszutauschen. .


Kannst du eine Geschichte oder einen bedeutsamen Moment teilen, der dich dazu motiviert hat, im Ehrenamt weiterzumachen?

Ein besonders prägendes Erlebnis war, als ich ein älteres, kinderloses Ehepaar kennenlernte. Sie waren eine Zeit lang in einem Pflegeheim untergebracht und waren dann nach Hause zurückgekehrt, weil kein fester Heimplatz verfügbar war. 
Ich habe mich angeboten als delegierte Sachwalterin  vom Verein das Ehepaar zu betreuen. 
Ich konnte alle meine bisherigen Erfahrungen einbringen, nach einer Vollzeitpflegekraft suchen und das Ehepaar unterstützen. Leider verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Ehemannes. Die Frau leidet an fortgeschrittener Demenz. 
Nach dem Tod des Ehemannes habe ich gelernt, wie man mit der Situation umgeht, in der keine Kinder oder Ansprechpartner verfügbar sind, um die organisatorischen Aufgaben für die Bestattung zu regeln. 
Diese Erfahrung wird mir nützlich sein, falls so etwas in der Zukunft wieder passiert. Ich habe auch die Pflegekraft unterstützt und sie auf den Tod der älteren Person vorbereitet. Meine gegenwärtige Aufgabe besteht darin, die Ehefrau bis zum Ableben zu begleiten.


Wie denkst du, dass ehrenamtliche Arbeit im Bereich der Sachwalterschaft zum Wohlbefinden der Gemeinschaft beiträgt?
Die Freiwilligen bringen verschiedene Fähigkeiten mit, die sich aus ihrem beruflichen Werdegang ableiten. 
Einige können sich beispielsweise im Schriftverkehr gut ausdrücken, andere sind kommunikationsstark, manche können gut mit den Diensten zusammenarbeiten, wieder andere haben Erfahrung im sozialen Bereich oder im Finanzwesen, und so weiter. Auf diese Weise kann der Verein von den Ressourcen profitieren, die sich als nützlich erweisen, um besser auf die Bedürfnisse der begünstigten Personen einzugehen.


Was hat dich besonders beeindruckt, wenn du mit Menschen gearbeitet hast, die einen Sachwalter haben?
Es gibt Situationen, in denen es nicht so einfach ist, Hilfe zu leisten oder ein Projekt umzusetzen, das die Lebenssituation einer Person verbessern kann. Dies kann geschehen, wenn die Zusammenarbeit mit dem Begünstigten scheitert, wenn familiäre Unterstützung  oder das Vertrauen seitens des Begünstigten fehlt. Ich habe die Mutter eines jungen Mannes unter Sachwalterschaft mit einer schweren Krankheit  kennengelernt, die klare Vorstellungen darüber hatte, wie man  mit der Situation des Sohnes umgehen sollte. Trotz unserer Bemühungen dem Mann  zu helfen, war es nicht immer möglich den Vorstellungen der Mutter  gerecht zu werden. Ich hatte den Eindruck, dass sie dachte, wir würden nicht genug tun.
Ein weiterer Fall betraf eine alleinstehende junge Frau, in dem ich mich oft gefragt habe, wie man helfen kann. Manchmal habe ich festgestellt, dass es schwierig ist eine Lösung zu finden, dies kann an fehlender Verfügbarkeit von Plätzen in Einrichtungen, langen Wartezeiten oder begrenzten finanziellen Ressourcen liegen. Manchmal hängt es natürlich von der Person selber ab, die trotz vorhandener Projekte nicht bereit sind diese anzunehmen. Dies sind schwierige Umstände, in denen man sich machtlos fühlt; man wäre  bereit zu helfen, hat jedoch die Hände  gebunden.


Welche Herausforderungen hast du als Freiwillige erlebt und wie hast du sie bewältigt?
"Herausforderungen bewältigen" bedeutet für mich, meine Schwierigkeiten mit dem Team zu teilen, gemeinsam zu besprechen,wie und  was getan werden kann. 
Ich finde bedeutende Unterstützung unter meinen Kollegen. 
Die “kollegiale Beratung”  ist ein zusätzlicher Unterstützung, bei der andere Sachwalter Ratschläge geben können, die ähnliche Situationen durchlebt haben. 
Innerhalb des Vereins gibt es immer ein aufmerksames Ohr. Ich fühle mich nie allein, da ich die Kollegen und Kolleginnen des Vereins kontaktieren kann, und zudem  zusätzlich eine Psychologin zur Verfügung steht. .

Wie glaubst du, dass ehrenamtliche Arbeit andere Menschen dazu inspirieren kann, sich anzuschließen und zur Sache beizutragen?
Ich glaube, dass ehrenamtliche Arbeit für denjenigen der es machen möchte, als wertvoll betrachtet werden sollte. 
Das Ehrenamt sollte Freude bringen und von der Gesellschaft eine Wertschätzung erfahren. Zum Beispiell durch kleine Gesten, die die Arbeit anerkennen. 
Wichtig ist, dass der Freiwillige abgesichert ist, zum Beispiel das er versichert ist. .

Gibt es Anforderungen, die man erfüllen muss, um ehrenamtlich tätig zu sein?
Um ehrenamtlich tätig zu sein, ist Zeit erforderlich, Empathie gegenüber Menschen  zeigen, ein sicheres Auftreten besitzen, bei Sachwalterschaften Vertrauen der betreuten Person aufzubauen, flexibel  sein. 
Welche persönlichen Vorteile hast du durch deine Beteiligung am Freiwilligendienst für die Sachwalterschaft erfahren?
Genugtuung in der mir anvertrauten Arbeit, selbständige Durchführung, Freude beim Gelingen der Tätigkeit.


Wie siehst du die Zukunft der Sachwalterschaft und welche Rolle kann das Ehrenamt darin spielen?
Die Sachwalterschaft ist eine äußerst wichtige Figur, da sie Probleme löst, die viele  Personen nicht mehr eigenständig bewältigen können. 
Die Anwesenheit des Sachwalters bringt Erleichterung für viele Menschen, die sich beruhigter fühlen können, da jemand sich der Probleme annimmt. Die Rolle des Sachwalters ist besonders wichtig für Personen, die alleine da stehen, da keine Angehörigen vorhanden sind,. Oder deren Kinder möglicherweise im Ausland leben und keine Möglichkeit haben, sich um die Eltern zu kümmern, so wie auch  in Fällen von familiären Konflikten, in den oftmals ein familienexterner Sachwalte ernannt wird.  


Welche Ratschläge würdest du jedem geben, der daran interessiert ist, freiwilliger Sachwalter zu werden?
Ich würde einem Freiwilligen raten sich zu informieren,  welche Aufgaben mit dem Ehrenamt verbunden sind, und welches Engagement erforderlich ist. 
Es ist entscheidend eine gründliche Ausbildung zu erhalten, auch um zu verstehen, was von einem erwartet wird. Meine berufliche Erfahrung unterstützt mich beispielsweise durch meine langjährige Erfahrung mit pflegebedürftigen Personen. Für junge Menschen könnte es interessant sein, diese Erfahrungen zu  machen,  um sich in einer zukünftigen Arbeitswelt zu orientieren. 


Deiner Meinung nach besteht die Gefahr, dass der Staat einen Teil seiner Pflichten auf Freiwillige abwälzt? 
Ich weiß es nicht; das würde mich nicht beunruhigen, da es immer eine persönliche Entscheidung ist, diese Tätigkeit als Ehrenamtliche zu übernehmen.

Was hast du erwartet, als du mit der Freiwilligenarbeit begonnen hast?
 Ich erwartete, dass ich meinen Beitrag entsprechend meinen Fähigkeiten einsetzen kann; dass der Verein  mir Aufgaben anvertraut,  die sowohl für die Organisation als auch für die hilfsbedürftigen Menschen nützlich sind. Ich wollte eine konkrete und hilfreiche Rolle spielen.

Kannst du mit deiner Erfahrung als Freiwillige zufrieden sein? 
Ich würde definitiv sagen ja. Ich bin zufrieden, weil ich das Gefühl habe den Menschen in  Schwierigkeiten konkret helfen zu können, und weil ich im Verein ein positives Arbeitsumfeld gefunden habe.

 

Auf dem Foto von links: Alberta Gruenfelder, Freiwillige, und Roberta Rigamonti, Geschäftsführerin des Vereins.