Die Sachwalterschaft dient als Schutz für Personen, welche in ihrer Selbständigkeit zur Gänze oder teilweise eingeschränkt sind. Ziel ist es, die Handlungsfähigkeit der Person so weit als möglich zu erhalten und die Unterstützung ausschließlich bei jenen Tätigkeiten vorzusehen, welche die Person nicht selbständig durchführen kann. Dabei kann ein Sachwalter nicht nur zur Erledigung der finanziellen Belange, sondern auch der persönlichen Belange des Begünstigten eingesetzt werden.
Erst kürzlich hat der Verfassungsgerichtshof dieses fundamentale Rechtsprinzip erneut unterstrichen. Im Urteil Nr. 144 vom 13.06.2019 haben die Verfassungsrichter festgehalten, dass die ratio des Rechtsinstitutes der Sachwalterschaft jene ist, dass der Vormundschaftsrichter die Aufgaben des Sachwalters von Fall zu Fall und aufgrund der konkreten Notwendigkeit des Begünstigten neu festlegt. Diese Anpassungsfähigkeit wird auch dadurch gewährleistet, dass die dem Sachwalter zuerkannten Befugnisse auch nach der Ernennung abgeändert werden können, sofern sich der Gesundheitszustand oder die Bedürfnisse des Begünstigten ändern sollten. Konkret hat sich der Verfassungsgerichtshof im genannten Urteil mit der Möglichkeit des Sachwalters befasst, auch im medizinisch/sanitären Bereich für den Begünstigten Entscheidungen zu treffen. Ein Vormundschaftsrichter hatte nämlich die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Artikels 3 Absätze 4 und 5 des Gesetzes Nr. 219 vom 22. Dezember 2017 (Bestimmungen zur informierten Einwilli- gung und zu den Patientenverfügungen) aufgeworfen. Dies deshalb, weil laut Meinung des Vormundschaftsrichters aus diesen beiden Absätzen geschlossen werden könnte, dass wenn ein Sachwalter bestellt wurde und das Sachwalterschaftsdekret den notwendigen Beistand oder die ausschließliche Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten vorsieht und der Begünstigte über keine Patientenverfügung verfügt, der Sachwalter über Leben und Tod des Begünstigten entscheiden kann, ohne sich ans Vormundschaftsgericht wenden zu müssen. Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmungen jedoch für nicht verfassungswidrig erklärt. Dies deshalb, weil die Bestimmungen über die informierte Einwilligung jedenfalls unter Beachtung der allgemeinen Bestimmungen über die Sachwalterschaft zu lesen sind. Das bedeutet, dass der Sachwalter nur in jenen Fällen über die lebenserhaltenden oder –verlängernden Maßnahmen des Begünstigten entscheiden kann, in welchen ihm bereits vom Vormundschaftsgericht aufgrund des Gesundheitszustandes des Begünstigten diese Befugnis übertragen wurde. In jenen Fällen, in denen aufgrund des Gesundheitszustands des Begünstigten im Moment der Ernennung des Sachwalters eine Übertragung der Befugnisse im medizinischen Bereich nicht notwendig war, steht dem Sachwalter auch keine Entscheidung über lebenserhaltende oder – verlängernde Maßnahmen zu. Um solche Entscheidungen treffen zu können, müssen sie dem Sachwalter jedenfalls unter Beachtung der konkreten Situation vom Vormundschaftsgericht übertragen werden.
Artikel vom Dr. Armin Mathà